Angesprochen auf sein persönliches fußballerisches Highlight braucht Reiner Chlebowy nicht lange nachzudenken: „Ende der 60er Jahre. Das Einweihungsspiel zur Eröffnung unseres neuen Sportgeländes auf dem Frauenberg, als ich einer von drei Gastspielern im Team des VfL Bad Neustadt gegen den damaligen deutschen Meister 1. FC Nürnberg gewesen bin. 11:0 ist es vor 4.000 (!) Zuschauern für die ,Clubberer“ ausgegangen. Und ich habe einmal ans Lattendreieck geköpft, woraufhin mein Gegenspieler Fritz Popp von seinem Trainer ganz schön zusammengestaucht worden ist.“
Der heute 63-jährige Chlebowy, der seit 1. April dieses Jahres die Ruhephase der Altersteilzeit genießt, darf als echtes „Kind“ der DJK Salz bezeichnet werden. Bereits 1961 zählte er zu den Gründungsmitgliedern, als sich das Sportgelände noch in den Saalewiesen an der Unterebersbacher Straße befand und bei Hochwasser regelmäßig „geflutet“ wurde. „Hinter dem einen Tor standen dann Stiefel, die wir uns als Schüler anziehen mussten, um die Bälle aus dem Wasser zu holen. Aber wir waren froh, dass wir überhaupt einen Sportplatz hatten.“
Neben Dieter Müller, Wolfgang Becher oder Dieter „Abo“ Herbert zählte Reiner Chlebowy im Gründungsjahr auch zu jener Schülermannschaft, die sich beim ersten Fußballspiel des neuen Sportvereins unter dem Coach Manfred Kuhn – seines Zeichens Filius’ des örtlichen Volksschullehrers Friedrich Kuhn – eine 0:10-Niederlage in Wülfershausen einhandelte. „Ich weiß noch: Da habe ich mich in der Halbzeitpause versteckt, um nicht ausgewechselt zu werden“, so Chlebowy, dem bei der anschließenden 2:4-Niederlage in Leutershausen auch das erste Tor für die DJK gelingen sollte.
Eine 1. Mannschaft und die A-Jugend seien erst später ins Leben gerufen worden als jene Schülerriege, die auf ihren Rädern zu den Übungseinheiten unter Hannes Seidel „ein schönes Stück zu fahren“ hatte. Doch dafür habe man das Fußballspiel unter der „guten Seele des Vereins – er stand jeden Sonntag mit seinem alten Seesack da unten, hat die Bälle eingefettet und den Platz abgestreut“ – auch mit dem Kopfballpendel von der Pike auf richtig erlernt. In dauerhafter Erinnerung sind Chlebowy insoweit auch die Läufe hinauf zum „Goldenen Brünnle“ geblieben, wo man als Youngster schon mal über die Einfriedungs-Mauer nach den dortigen Animierdamen „geluert“ habe.
Mit fließendem Wasser oder gar sanitären Einrichtungen war es auf dem alten Sportgelände bzw. in der dortigen Holzhütte, in der ein großer Bollerofen den Heimbereich (rechts des Eingangs) vom Gästeabteil trennte, freilich nicht weit her. Und so versammelte man sich dann zum gemeinsamen Waschen („die Vereinigung“) grundsätzlich am „goldenen Brünnle“, wohin es nach den sportlichen Aktivitäten „zusammen im Gänsemarsch über einen Trampelpfad“ gegangen sei. Im Winter habe man derweil schon vorher an der Quelle Flüssigkeit geholt, um sich dann nachher mit dem am Bollerofen erhitzten Wasser in Wannen warm zu waschen.
Mit einem neuen Jauchefass („da hat man hinten gepumpt und vorne kam dann das Wasser raus“), sei man laut Chlebowy „schon moderner geworden“, ehe die große Sehn-sucht von Gründungsvorstand Aquilin Kiessner nach einem neuen Platz schließlich Ende der 60er Jahre zu einer Verlagerung der DJK-Aktivitäten auf den Frauenberg führten. Das aus Wülfershausen stammende und beruflich bei der Firma Preh als Meister beschäftigte Vereinsoberhaupt ließ dabei angesichts der höchst überschaubare finanziellen Eigenmittel zur Absicherung der erforderlichen Kredite sogar eine Grundschuld auf sein Privathaus eintragen, was nach Chlebowy’schem Dafürhalten „schon ein wenig verrückt gewesen“ sei. „Das würde heutzutage doch niemand mehr machen.“
Allerdings forderte der ebenso fortschrittliche wie findige Kiessner, der unter anderem eine Sprengübung der amerikanischen Streitkräfte zur Eliminierung des störenden Felsgesteins am Standort der heutigen „Grillhütte“ arrangieren konnte, auch entsprechende Eigenleistungen der Mitglieder beim Sportplatzbau ein, der Dank der seinerzeit starken Leichtathletik-Fraktion um Horst Knobling auch eine der ersten 400-Meter-Bahnen des Landkreises hervorbrachte. „Zum Ebenschieben stand dank Willi Müller und dessen Straßenbaufirma zwar entsprechendes Gerät zur Verfügung. Aber einen Bagger für die beiden diagonalen Hauptdrainagegräben hatten wir leider nicht. Daher mussten wir dann mit Pickel und Schaufel 200 Meter per Hand in eine Tiefe von zwei Metern buddeln. Es ist eine einzige Katastrophe gewesen.“ Doch nicht zuletzt dank des unentwegten Einsatzes von Willi Straub, Werner Pleier oder Erich Moret und vieler anderer Helfer seien Keuper und Fels nach einigermaßen frustrierenden Wochen und Monaten schließlich besiegt worden („am Anfang waren es noch relativ viele Helfer; aber als am Schluss die Zeitung kam, mussten sich die verbliebenen sechs Mann ganz eng zusammenstellen, damit es nach möglichst viel aussieht. Es war so eine Knochenarbeit, dass man die ,Flügel’ abends nicht mehr heben konnte“).
Nunmehr galt es nach der Fertigstellung des Platzes noch ein Sportheim zu errichten, wofür aber kein Geld (mehr) zur Verfügung stand. Daher habe man sich zunächst auch riesig über die Hilfsbereitschaft des VfL Bad Neustadt gefreut, der den Sälzern seine „Bretter-Baracke“ in der Franz-Marschall-Straße vermachte, die daraufhin unter dem Einsatz von wenigstens zehn örtlichen Traktor-Gespannen abgebaut und auf den Frauenberg verbracht worden sei. Die Goldgräber-Stimmung („wir dachten zunächst, Wunder was wir da kriegen“) sei aber relativ schnell einer großen Ernüchterung gewichen. Denn als man den riesigen „Scheiterhaufen“ anschließend nach brauchbarem Holz durchforstet habe, „ist nicht mehr viel übrig geblieben. Ungefähr 2/3 haben wir gleich wieder verbrannt.“
Den Plan für das Sportheim hatte der Kiessner’sche Bautrupp seinerzeit zunächst „niemals gesehen. Der Aquilin war der ,Feldherr’ und hat vorgegeben, wo ein Fenster bzw. eine Tür hinkommt.“ Improvisiert habe man aufgrund der finanziellen Verhältnisse insbesondere auch beim Kühlraum, den ein ca. zwei auf zwei Meter großes Erdloch unter der Küche verkörperte, das durch eine Leiter zu begehen war. Ein AHA-Erlebnis sei schließlich für alle Beteiligten die Reaktion des DJK-Verbandes auf die entsprechende Zuschuss-Beantragung gewesen. „Die haben uns nämlich erst einmal erklärt, dass wir kein Geld bekommen, weil das erstellte Bauwerk nicht mit den eingereichten Plänen übereinstimme.“ Als technischer Zeichner fertigte Reiner Chlebowy dann allerdings einen „Nachplan“ auf Grundlage der tatsächlichen Gegebenheiten an, der doch noch zu der erhofften Finanzspritze führte.
Ein paar Jahre später (1976) wurde auch noch ein Ausweichplatz geschaffen, der Reiner Chlebowy ebenfalls zum Schmunzeln bringt. Schließlich habe dessen Allwetter-Auflage aus Mainsand bestanden, „der von uns auch gewalzt wurde. Aber hart war er – zumindest in der Anfangszeit – nicht. Und wenn dann ein hoher Ball runter gefallen ist, lag er richtig in einer Kuhle drin und ist mitunter sogar ganz fort gewesen. Meine Güte waren unsere Gegner da teilweise ,stinkig’“, bis sich das Geläuf endlich verfestigt habe.
In der Ära von Josef „Sepp“ Koch, der die zwischenzeitlich in finanzielle Schieflage geratene DJK von 1972 bis 1980 führte und vor dem drohenden wirtschaftlichen Bankrott rettete, entschloss sich Reiner Chlebowy in der Vorstandschaft mitzuarbeiten („Ich bin mit dem Verein aufgewachsen. Die DJK war in einer Zeit, in der es sonst eigentlich nur Fußball und Kino gegeben hat, meine zweite Heimat. Das scheint bei uns aber irgendwie in der Familie zu liegen, nachdem mein Vater bereits Jugendleiter war. Und mein großer Sohn Nico ist ebenfalls viele Jahre in der Jugendleitung aktiv gewesen.“). Den Posten des stellvertretenden Vereinsoberhauptes hatte er anschließend auch für zwei Jahre unter Erhard Kümpel inne („er hat zu mir gesagt: Ich sorge dafür, dass Geld rein kommt. Und du machst den Rest, so dass ich während der großen Bauphase jeden Tag oben gewesen bin“), um dann anno 1992 selbst die Führung der Vereinsgeschicke zu übernehmen.
In diese Zeit fiel auch die Verlagerung der seinerzeitigen Schule am Centplatz (heutiges Gemeindezentrum) auf den Frauenberg, wo nun wieder Baumaßnahmen mit einem finanziellen Volumen von rund 750.000 DM anstanden. So wurden im Anschluss an die Fertigstellung des jetzigen Sportheims nebst Turnhalle (1990), für dessen Errichtung es bereits zuvor drei anderweitige Pläne (u.a. mit rotem Kalksandstein) gegeben habe, ein neuer Ausweichplatz in seiner jetzigen Form geschaffen und zwei Tennisplätze nebst Beachvolleyball-Feld errichtet (1992 bis 1996). Zudem stand die Generalsanierung des nachhaltig in Mitleidenschaft gezogenen Hauptspielfeldes an, das zugleich komplett umzäunt wurde (1996). „Das war auch irre. Ohne Zuschuss der Gemeinde nur mit einem zinsgünstigen Darlehen und Eigenmitteln“, die sich vor allem aus Aktivitäten im Wirtschaftsbereich akquirierten.
„Da hatten wir jedes Wochenende ein bis zwei Feiern. Irgendwann wurden dann Stimmen laut, dass man die beiden Gruppen mit ihren Chefinnen Uschi Kümpel und Lissy Müller ein wenig bremsen muss, damit sie nicht die Lust verlieren. Daraufhin haben wir grundsätzlich auf zwei Veranstaltungen pro Monat reduziert“, was angesichts eines entsprechenden Nachfrage-Überschusses allerdings nicht einzuhalten war. Mit dem Ergebnis, dass das Engagement im Arbeitsdienst über die Jahre hinweg einigermaßen stark nachlassen sollte, woraufhin auch Reiner Chlebowy amtsmüde wurde. „Denn wenn aus einer Generation immer weniger dazu bereit wären, den Verein zu unterstützen, sollten neue Personen an die Front.“
In diesem Zusammenhang wird von Reiner Chlebowy grundsätzlich bemängelt, dass Sportvereine wie die DJK Salz von ihren Mitgliedern heutzutage immer mehr als Dienstleister angesehen werden, obwohl ein Klub regelmäßig nur bei entsprechendem ehrenamtlichen Engagement überleben könne. Auch die Geselligkeit sei ein wichtiger (positiver) Faktor, den Chlebowy unter anderem als Initiator der jährlichen Skifreizeit pflegt. Darüber hinaus engagiert sich der Ehrenvorsitzende heute vor allem noch in der Tennisabteilung, die sich wünschen würde, dass nicht immer über ihre Umzäunung geklettert wird.
Überhaupt liegt Reiner Chlebowy der Zustand der Sportanlage als früherem „Baumeister“ wie kaum einem zweiten am Herzen. Daher hat er mit Noch-Bürgermeister Bernhard Müller auch schon Pläne geschmiedet, endlich für eine ansehnliche Tribüne zu sorgen, was auch aufgrund der finanziellen Gegebenheiten bislang „immer hinausgeschoben“ worden sei. Für durchaus sinnvoll erachte er zudem, den Zaun der Tennisanlage zu erhöhen.
Ach ja: Bedauert wird von Reiner Chlebowy auch, dass es die traditionelle Faschingsbeerdigung am Faschingsdienstag seit den 80er Jahren nicht mehr gibt. „Da sind auch immer viele Kurgäste da gewesen, die extra eine Ausgangsverlängerung von 23 Uhr bis 1 Uhr bekommen haben. Es war die Hölle los. Wilhelm „Schmied“ Mangold als Pfarrer und der mit dem größten Rausch kam in den Sarg“, was das örtliche Kirchenoberhaupt für Gotteslästerung erachtete. „Von der Diözese wurde uns dann mitgeteilt, dass wir das als DJK-Verein zu unterlassen haben oder ausgeschlossen werden“ – was freilich nicht riskiert werden konnte, nachdem auch die Rückforderung von Zuschüssen drohte. „Überall ist es dann weitergegangen. Nur bei uns nicht“, so Chlebowy, nach dessen Auskunft der Sälzer Sportverein eben auch deshalb ein DJK-Verein geworden sei, „weil es da am meisten Zuschüsse gegeben hat.“
Bleibt der Vollständigkeit halber noch anzumerken, dass Reiner Chlebowy als aktivem Fußballer auch immer mal wieder Angebote anderer (höherklassiger) Vereine ins Haus „flatterten“, die er jedoch allesamt ablehnte. „Im Nachhinein vielleicht ein Fehler. Aber trauern tue ich deshalb nicht“, berichtet der versierte Techniker, der sogar Interesse im hohen Norden für sich weckte. „Zusammen mit Bernd „,Riva“ Straub sollte ich einmal sogar nach Holstein/Kiel wechseln, nachdem der dortige Vorstand hier auf Kur gewesen ist und uns hat spielen sehen. Aber ich wollte nie von Salz weg.“